Liebe Freundinnen und Freunde des Westpapua-Netzwerks,
sehr geehrte Damen und Herren,
der seit Wochen anhaltende Internetausfall in großen Teilen Westpapuas macht es noch schwieriger, Nachrichten und Berichte zu erhalten. Laut der offiziellen Begründung muss ein Ozeankabel repariert werden. Gleichzeitig gab es in den vergangenen Wochen Gewalteskalationen die sowohl vom indonesischen Militär als auch von bewaffneten papuanischen Gruppen ausgingen, Truppenankünfte, Einschüchterungsversuche gegen Journalisten und die Verhaftung eines prominenten Aktivisten. Zusätzlich zum Internetausfall ist der Zugang für internationale Journalisten immer noch nicht möglich. Dadurch wird die Isolation Papuas aufrechterhalten. Es wird immer deutlicher, dass die Menschen in Papuas von vielen Bürgerrechten, die andere Staatsbürger*innen Indonesiens genießen, ausgeschlossen werden. Dazu kommt, dass die Abholzung der wertvollen Regenwälder andauert, in vielen Fällen ist er illegal, wird aber von den örtlichen Regierung nicht verhindert.
In dieser E-Info finden Sie:
- Aktuelle Situation in Puncak (Provinz Papua) verschärft sich
- Kirchenrat von Westpapua äußert sich besorgt über die eskalierende Situation in Papua
- Zugang für internationale Journalist*innen nach Westpapua bleibt weiter erschwert
- Internetausfall in Westpapua dauert an
- KNPB Sprecher Victor Yeimo verhaftet - Anklage wegen Hochverrat droht
- Trauer um Alex Flor
- Kämpfer für die Unabhängigkeit und Freiheit Westpapuas als "Terroristen" eingestuft - weitere Gewalt befürchtet
- Unternehmen und Beamte missachten Moratorium zur Abholzung von Wäldern in Papua
- Haft wegen Facebook-Post - Amnesty International startet Briefaktion
- TPN PB tötet papuanischen Geheimdienstchef im Landkreis Puncak - Menschenrechtsbeobachter befürchten weitere Militärrazzien
- Einschüchterungsversuche gegen papuanischen Journalisten - Aufklärung gefordert
- Versöhnung auf außergerichtlichem Weg? - Indonesien plant Versöhnungsgesetz
- Deutscher Bundestag ratifiziert ILO Konvention zu Rechten indigener Völker
- Neue Fälle von Gewalt gegen indigene Papuas
- Brief des Kirchenrates von Westpapua an Melanesian Spearhead Group (MSG)
Mit herzlichen Grüßen aus der Koordinationsstelle,
Barbara Hillebrand, Thea Hummel und Norman Voß
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Aktuelle Situation in Puncak (Provinz Papua) verschärft sich
Die Entwicklungen der letzten Wochen und Tage zeigen eine fortschreitende Eskalation des bewaffneten Konflikts und der damit einhergehenden Menschenrechtsverletzungen im Landkreis Puncak, Provinz Papua.
Sicherheitskräfte haben am 27. April 2021 eine massive Militäroperation im Landkreis Puncak, Provinz Papua, gestartet. Die Operation folgte auf die Ermordung des papuanischen Geheimdienstchefs und der anschließenden Rede von Präsident Joko Widodo, in der er der nationalen Polizei und dem Militär den Befehl gab, alle Mitglieder bewaffneter krimineller Gruppen in Westpapua zu finden und zu verhaften. Die Operation der Sicherheitskräfte veranlasste Dorfbewohner aus vier Bezirken in Puncak aus ihren Häusern zu fliehen und in nahe gelegenen Kirchen Schutz zu suchen. Unterdessen verlegt das indonesische Militär zusätzliche Truppen in die Konfliktherde im zentralen Hochland Papuas. Es wird angenommen, dass sich der bewaffnete Konflikt in den Landkreisen Puncak und Intan Jaya in den kommenden Wochen verschärfen wird. Menschenrechtsgruppen befürchten weitere Menschenrechtsverletzungen in den Kampfgebieten.
Kirchenrat von Westpapua äußert sich besorgt über die eskalierende Situation in Papua
Der Kirchenrat von Westpapua (WPCC) wandte sich kürzlich an Präsident Jokowi und sprach den Opfern der Gewalt auf beiden Seiten des andauernden bewaffneten Konflikts sein Beileid aus. Der WPCC sieht die Ursachen für die Probleme in Papua in dem "kolonialen Blick", mit dem Papua oft von indonesischen Offiziellen betrachtet wird; der systematischen Zerstörung einer papuanischen Identität mit der Geschichte, einschließlich der Verbrennung ethnohistorischer und politischer Schriften über Papua in der Vergangenheit und der Etikettierung der OPM als terroristische Organisation in einem Kontext der Straflosigkeit für grobe Menschenrechtsverletzungen, die gegen das papuanische Volk begangen wurden. Die Kriminalisierung der OPM als Terroristen und das militärische Vorgehen, so befürchtet der WPCC, wird zu weiteren Tausenden von Morden an Papuas führen und hat bereits zu Binnenvertreibungen geführt und kritisches politisches Denken in Papua zerstört.
Zugang für internationale Journalist*innen nach Westpapua bleibt weiter erschwert
Am 10. Mai 2015 erklärte Präsident Joko Widodo (Jokowi) bei einem Besuch im Landkreis Merauke, Provinz Papua, dass die Regierung den Zugang für ausländische Journalisten zu den Provinzen Papua und Papua Barat öffnen werde. Jokowi erklärte während des Interviews, dass das Clearing-House-Verfahren abgeschafft werde und ausländische Journalisten, die über Ereignisse in Westpapua berichten, keine Sondergenehmigung mehr benötigen, die sich von der Genehmigung für andere Teile Indonesiens unterscheide.
Sechs Jahre nach Jokowis Versprechen ist nicht klar, inwieweit die Zusage von Präsident Jokowi aus dem Jahr 2015 umgesetzt wurde. Menschenrechtsorganisationen kritisieren, dass die Aussage nie durch eine staatliche Regelung durchgesetzt wurde. Eine solche Regulierung sollte garantieren, dass ausländische Journalisten frei über Nachrichtenereignisse in Westpapua berichten können, ohne eingeschüchtert zu werden, Einschränkungen zu unterliegen oder während der Berichterstattung von Mitgliedern der Sicherheitskräfte eskortiert zu werden.
Internetausfall in Westpapua dauert an
Laut SAFEnet ging dem Internetausfall eine Serie von digitalen Angriffen gegen mehrere Aktivisten und Journalisten in Jayapura voraus. Die papuanische Nachrichtenagentur Jubi berichtete von Doxing-Attacken gegen sie. Gleichzeitig bestätigten andere Beobachter unabhängig voneinander die Verbreitung mysteriöser SMS zur Unterstützung der Sonderautonomie und Versuche, in Gruppenchats auf der Messaging-Anwendung Telegram einzudringen.
KNPB Sprecher Victor Yeimo verhaftet - Anklage wegen Hochverrat droht
Yeimo steht auf einer polizeilichen Fahndungsliste für Hochverratsverdächtige im Zusammenhang mit seiner angeblichen Rolle bei den weit verbreiteten Anti-Rassismus-Protesten im August und September 2019 in Westpapua. Die Proteste folgten auf öffentlichkeitswirksame rassistische Angriffe auf papuanische Studenten in Java.
Trauer um Alex Flor
Alex Flor war Mitbegründer, langjähriges Mitglied und bis 2019 Geschäftsführer von Watch Indonesia!. Von Januar 2013 bis Juni 2019 war er ebenfalls Mitglied im Beirat des Westpapua-Netzwerkes und vertrat Watch Indonesia! lange Jahre als Mitgliedsorganisation in unserem Netzwerk.
Er war viele Jahre einer der führenden deutschen Spezialisten zu Politik, Demokratie, Menschenrechten und politischer Kultur Indonesiens. Seine Verdienste für die deutsch-indonesische Freundschaft werden in Erinnerung bleiben.
Nach kurzer schwerer Erkrankung verstarb Alex Flor am 6. Mai 2021. Mit unseren Gedanken und großer Anteilnahme sind wir bei seiner Familie und seinen Angehörigen.
Kämpfer für die Unabhängigkeit und Freiheit Westpapuas als "Terroristen" eingestuft - weitere Gewalt befürchtet
Unternehmen und Beamte missachten Moratorium zur Abholzung von Wäldern in Papua
Der Bericht von Greenpeace analysiert den Lizenzierungsprozess in der östlichsten Provinz Papua, der letzten Grenze intakter Tropenwälder in Indonesien.
In den letzten Jahren hat die Palmölindustrie die Region für ihre Expansion ins Visier genommen, nachdem die Wälder auf Sumatra und Borneo für großflächige Plantagen weitgehend abgeholzt wurden. Da sich immer mehr Unternehmen um Genehmigungen für den Betrieb in Papua bemühen, hat die Regierung sogenannte Waldfreigabe-Dekrete erlassen, um Waldgebiete neu zu zonieren und sie vor der Umwandlung für andere Zwecke zu schützen.
Haft wegen Facebook-Post - Amnesty International startet Briefaktion
TPN PB tötet papuanischen Geheimdienstchef im Landkreis Puncak - Menschenrechtsbeobachter befürchten weitere Militärrazzien
Einschüchterungsversuche gegen papuanischen Journalisten - Aufklärung gefordert
Die Association of Independent Journalists (AJI) verurteilte den Angriff und forderte die Polizei auf, eine effiziente Untersuchung des Falles durchzuführen. Die AJI betrachtete den Vorfall als einen Angriff auf die Medienfreiheit in Westpapua und äußerte die Sorge, dass sich solche Taten gegen Journalisten in Westpapua wiederholen werden, wenn die Polizei den oder die Täter nicht strafrechtlich verfolge.
Versöhnung auf außergerichtlichem Weg? - Indonesien plant Versöhnungsgesetz
Was es bedeuten würde, wenn schwere Menschenrechtsverletzungen der Verangenheit außergerichtlich aufgearbeitet werden würden, kommentierte Usman Hamid, der Geschäftsführer von Amnesty International Indonesien. Nach Hamid wird es keine Versöhnung einer schweren Menschenrechtsverletzung geben, wenn die Wahrheit nicht aufgedeckt wird, wenn es keine Anerkennung eines Verbrechens gibt und die Täter nicht zur Rechenschaft gezogen werden.
Deutscher Bundestag ratifiziert ILO Konvention zu Rechten indigener Völker
Die Konvention trat 1991 in Kraft. Bislang ratifizierten sie aber erst 23 Staaten. Dazu gehören die europäischen Länder Dänemark, die Niederlande, Luxemburg, Norwegen und Spanien.
Neue Fälle von Gewalt gegen indigene Papuas
Brief des Kirchenrates von Westpapua an Melanesian Spearhead Group (MSG)
"Time after time, as Pastors we have had to bury our people who have been shot dead by Herod's troops. We cry for the merciless death of Christians in West Papua. Our tears have run dry. The dignity and self-worth of the people created at God's Hand have been trampled on for too long. We are likened to animals. Sometimes we ask God, Do you still hear our prayers and tears? Where can we take the Melanesian people who are left in West Papua so they can be saved?