West Papua Netzwerk
Liebe Freundinnen und Freunde des Westpapua-Netzwerks,
sehr geehrte Damen und Herren,

die Delta-Variante lässt in Westpapua seit einigen Wochen die Infektionszahlen erheblich ansteigen. Krankenhäuser verfügen kaum noch über ausreichende Kapazitäten, die Impfrate bleibt jedoch niedrig in Westpapua. Eine "doppelte Krise" nennt Benny Wenda die derzeitige Situation in Westpapua: Corona und die anhaltenden Militäroperationen gefährden das Leben und die Gesundheit der Papuas. Dass ein überarbeitetes Gesetz zur Sonderautonomie Westpapuas verabschiedet wurde - dessen Überarbeitung nach Einschätzung der Papuas weitgehend ohne ihre angemessene Beteiligung erfolgte - ist für viele Papuas das deutlichste Anzeichen dafür, dass es für Westpapua keine Aussicht auf eine die Rechte der Papuas wahrende Zukunft innerhalb Indonesiens gibt. Es ist daher weiterhin wichtig, auf die anhaltende Gewalt und die Menschenrechtsverletzungen in Westpapua aufmerksam zu machen und sie nicht länger ungesehen zu lassen. Wir danken Ihnen daher für Ihre Unterstützung und Ihr Interesse und ermutigen Sie dazu, Nachrichten aus Westpapua mit anderen zu teilen, um so gemeinsam mehr Öffentlichkeit für die Situation der Papuas gewinnen zu können.

 

In dieser E-Info finden Sie:

  • Video eines gehörlosen Papuas, der von Sicherheitskräften zu Boden gedrückt wird, löst einen Aufschrei aus - Regierung und Militär geben öffentliche Entschuldigung ab
  • Corona in Westpapua: Delta-Variante lässt Zahlen deutlich ansteigen - Krankenhauskapazitäten beinahe ausgeschöpft
  • Richter in Jakarta verurteilen zwei Papua Studenten zu 5 Monaten Freiheitsstrafe
  • Soldat eröffnet das Feuer auf zwei Dorfbewohner in Mappi
  • Beamte foltern Sohn eines Kirchenführers während Polizeipatrouille in Padang Bulan, Jayapura
  • Weitere friedliche Proteste gegen Sonderautonomie aufgelöst – 36 Demonstranten verhaftet
  • Koreanischer Palmölproduzent Korindo verliert FSC-Zertifizierung
  • Proteste gegen Revision des Sonderautonomiegesetzes in Jakarta, Jayapura and Kaimana – 83 Demonstranten verhaftet
  • Indonesischer Parlamentsausschuss verabschiedet überarbeitetes Gesetz zur Sonderautonomie Papua
  • Führende indonesische Menschenrechtsaktivistin Carmel Budiardjo verstorben
  • Petitionen von Rettet den Regenwald e.V. und Amnesty International
  • Studentenproteste zum 23. Jahrestag des Massakers von Biak
  • Update: Situation der Binnenflüchtlinge in Puncak und Nduga
Mit herzlichen Grüßen aus der Koordinationsstelle. Bleiben Sie gesund!

Barbara Hillebrand, Thea Hummel und Norman Voß

Video eines gehörlosen Papuas, der von Sicherheitskräften zu Boden gedrückt wird, löst einen Aufschrei aus - Regierung und Militär geben öffentliche Entschuldigung ab

Die indonesische Regierung hat sich für das Vorgehen zweier Militäroffiziere entschuldigt, die nach eigenen Angaben "übermäßige Gewalt" angewandt haben, um den Kopf eines tauben, indigenen Papuas zu fixieren, nachdem ein Video des Vorfalls im Internet verbreitet wurde. (Das Video ist unter anderem am 27. Juli auf dem Twitter Account von Make West Papua Safe veröffentlicht worden)
Auf den Aufnahmen ist zu sehen, wie ein Beamter den Papua in eine Armumklammerung zwang, bevor er ihn nach draußen zerrte und zu Boden drückte, während er ihm Drohungen aussprach. Der Beamte beschuldigte ihn außerdem, betrunken zu sein. Dann kam der andere Beamte hinzu und drückte seinen Fuß auf den Kopf des am Boden liegenden Mannes. Die Hände des Mannes wurden hinter seinem Rücken gefesselt und man hörte ihn vor Schmerzen stöhnen

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Corona in Westpapua: Delta-Variante lässt Zahlen deutlich ansteigen - Krankenhauskapazitäten beinahe ausgeschöpft

Erst Ende Juni berichtete das Westpapua-Netzwerk über die damals aktuellen offiziellen Corona-Zahlen in Westpapua. Seitdem hat sich die Situation weiter deutlich verschärft und die Infektionen mit dem Coronavirus steigen in Westpapua so stark an wie noch nie seit Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020. Ein Grund dafür ist die Delta-Variante, die nun auch in Westpapua nachgewiesen wurde.

Die Krankenhäuser in den Provinzen Papua und Papua Barat sind mit dem verheerenden COVID-19-Ausbruch, der sich über das ganze Land ausbreitet, überfordert.
Bislang waren die Zahlen der Infektionen mit dem Coronavirus in Westpapua im Verhältnis zu denen in anderen indonesischen Provinzen deutlich geringer. Von Ende Juni 2021 bis Ende Juli 2021 stieg die Zahl der Infizierten jedoch allein in der Provinz Papua Barat von 9.725 auf über 17.500. In der Provinz Papua sind 25.778 Fälle von Infektionen mit dem Coronavirus gezählt worden (ca. 5000 mehr als noch vor einem Monat).

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Richter in Jakarta verurteilen zwei Papua Studenten zu 5 Monaten Freiheitsstrafe

Am 22. Juli 2021 befanden Richter des Bezirksgerichts Nord-Jakarta Roland Levy und Kelvin Molama (siehe Foto, Quelle: AMP) schuldig, einen Studenten namens Rajid Patiran angegriffen zu haben und verurteilten beide zu fünf Monaten Haft. Beide Angeklagten sind Studenten aus Westpapua und aktive Mitglieder der ‚Papuan Student Alliance‘ (AMP), welche regelmäßig friedliche Proteste zu politischen und menschenrechtlichen Themen in verschiedenen Städten Indonesiens organisiert. Die Anwälte vertreten die Ansicht, dass die Richter mehrere Beweismittel sowie die Zeugenaussagen der Angeklagten nicht in dem Urteil berücksichtigt hätten. Sie glauben, dass die Richter möglicherweise unter Druck gesetzt wurden, Levy und Kelvin Molama wegen ihrer Beteiligung an friedlichen politischen Protestaktionen zu verurteilen.

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Soldat eröffnet das Feuer auf zwei Dorfbewohner in Mappi

Ein Soldat des Militärkommandos Koramil 1707/Kepi soll während eines Streits am 16.7.2021 zwei indigene Papua in Dorf Kanami, Asgon Distrikt, gefoltert haben. Der Täter namens Syarifudin soll den Dorfbewohner, Anes Samogoi, angegriffen und zu Boden geworfen haben. Als sein Bruder, Yosep Kamogou Samogoi (26 Jahre), zu Hilfe kam, zog Syarifudin angeblich seine Schusswaffe und feuerte zwei Schüsse auf die Brüder ab. Eines der Projektile traf Yosep Kamogou Samogoi am Bein. Er wurde in das öffentliche Krankenhaus in Mappi gebracht, wo die Wunde medizinisch versorgt wurde.

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Beamte foltern Sohn eines Kirchenführers während Polizeipatrouille in Padang Bulan, Jayapura

Berichten zufolge folterten Polizeibeamte Charles Yoman während einer Patrouille im Stadtteil Padang Bulan, Bezirk Heram, am 10. Juli 2021. Charles Yoman ist der Sohn von Socrates Sofyan Yoman, dem Präsidenten der Gemeinschaft der Baptistenkirchen in Westpapua und Mitglied des Westpapua Kirchenrates. Nach Angaben eines Berichts der Baptistenkirche kontrollierten sieben Beamte Charles Yoman, während dieser mit einer Gruppe von Freunden beisammensaß. Als die Beamten die Gruppe aufforderte, sofort nach Hause zu gehen, antwortete Charles Yoman: „Seien Sie vorsichtig, dies ist der Komplex in dem ich wohne. Sie wissen wohl nicht, wer ich bin?“. Daraufhin soll einer der Beamten den Befehl gegeben haben, Charles Yoman zu verhaften. Die Beamten zerrten ihn daraufhin in einen Polizeitransporter und folterten ihn angeblich im Fahrzeug und auf der Polizeistation in Heram.

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Weitere friedliche Proteste gegen Sonderautonomie aufgelöst – 36 Demonstranten verhaftet

Die ‚Volksfront zur Ablehnung der Sonderautonomie Papuas‘ organisierte am 19. Juli 2021 einen friedlichen Protest in Sorong, Provinz Papua Barat. Die Demonstranten hatten geplant, zum lokalen Parlament in Sorong zu gehen, um dort eine friedliche Kundgebung gegen die Verlängerung des Sonderautonomiestatus zu halten. Berichten zufolge blockierten Polizisten die Zugangswege zum Parlament und lösten den Protest - teils gewaltsam – auf. Sie nahmen 36 Demonstranten fest, darunter zwei Minderjährige

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Koreanischer Palmölproduzent Korindo verliert FSC-Zertifizierung

Der koreanische Palmölkonzern Korindo wird im Oktober 2021 seine Nachhaltigkeitszertifizierung durch den Forest Stewardship Council (FSC) verlieren. Der FSC hatte mit Korindo zusammengearbeitet obwohl verschiedenen Umweltgruppen wiederholt schwere Vorwürfe gegen das Konglomerat erhoben hatten. Der FSC hat nun beschlossen, Korindo die Zertifizierung zu entziehen, nachdem die Beziehung zum Konzern "nicht mehr tragbar" geworden war. Das FSC-Zertifikat soll Verbraucher darüber informieren, dass Güter unter menschenrechtswürdigen Verhältnissen auf nachhaltige Weise produziert werden.

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Proteste gegen Revision des Sonderautonomiegesetzes in Jakarta, Jayapura and Kaimana – 83 Demonstranten verhaftet

Studenten aus Westpapua haben in den Städten Jayapura, Provinz Papua, Kaimana, Provinz Papua Barat, sowie Indonesiens Hauptstadt Jakarta friedliche Proteste gegen die Überarbeitung des Sonderautonomiegesetzes (Otsus) organisiert. Die Demonstranten protestierten gegen die erzwungene Revision des Gesetzes durch das indonesische Parlament und die Zentralregierung. Polizeibeamte lösten die Proteste gewaltsam auf und verhafteten 83 Demonstranten. Die Polizei begründete ihr einschreiten mit der Durchsetzung von COVID-19 Gesundheitsrichtlinien.

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Indonesischer Parlamentsausschuss verabschiedet überarbeitetes Gesetz zur Sonderautonomie Papua

Ein Ausschuss des indonesischen Parlaments zur Überarbeitung des Sonderautonomiegesetzes für Papua hat die Fertigstellung des neuen Gesetzesentwurfs bekannt gegeben. Der Vorsitzende des Ausschusses, Komarudin Watubun, erklärte am 12. Juli 2021 in Jakarta, dass das überarbeitete Sonderautonomiegesetz (RUU Otsus) fertig sei. Der Gesetzentwurf schlägt 19 Änderungen am jetzigen Sonderautonomiegesetzes vor und wurde am 15 Juli 2021 vom indonesischen Parlament verabschiedet. Die Änderungen zu den Artikeln 1, 34 und 75 wurden von der indonesischen Regierung vorgeschlagen. Vor allem die Revision von Artikeln über die Vergabe von Sonderautonomiegeldern und die Bildung neuer Autonomieregionen hatte zuvor für hitzige Diskussionen und öffentliche Empörung in Westpapua gesorgt.

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Führende indonesische Menschenrechtsaktivistin Carmel Budiardjo verstorben

Die bekannte indonesische Menschenrechtsverteidigerin Carmel Budiardjo ist am 10. Juli 2021 friedlich verstorben. Sie war die Gründerin der in London ansässigen NGO Tapol, die sich seit 1973 für die Freilassung politischer Gefangener in Indonesien einsetzt. Tapol ist die indonesische Abkürzung von „tahanan politik“ oder „politischer Gefangener“. Carmel Budiadjo wurde während der Kommunistenverfolgung unter dem Militärdiktator Suharto für drei Jahre inhaftiert. Später half sie beim Aufbau mehrerer Umweltorganisationen, u.A. der Organisation „Down to Earth“ im Jahr 1988 und des „London Mining Network“ im Jahr 2007. 1995 erhielt Carmel Budiardjo den ‚Right Livelihood Award‘, nachdem sie von der International Federation for East Timor nominiert worden war.

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Petitionen von Rettet den Regenwald e.V. und Amnesty International

Rettet den Regenwald e.V. kritisierte die Waldvernichtung der indonesischen Firma Kenertec, die von sich behauptet, Teil der Korindo Gruppe zu sein. Korindo ist ein Konglomerat aus Firmen, die insbesondere in der Provinz Papua für Palmöl und Holz Regenwälder zerstören. Diese Waldvernichtung wurde von Rettet den Regenwald e.V. kritisiert - untermauert mit Fotos, Videos und Aussagen von Einheimischen. Kenertec hat Rettet den Regenwald e.V. vor dem Landgericht in Hamburg verklagt: sie sollen die Kritik widerrufen und zukünftig schweigen. Die Klage wird von Rettet den Regenwald e.V. als ein Versuch betrachtet, sie einzuschüchtern und mundtot zu machen. In einem Bündnis aus Umweltschützern, Menschenrechtlern, weiteren Organisationen und Journalisten aus ganz Europa fordert die Petition von der EU ein Ende von solchen Einschüchterungsklagen.

Die zweite Petition ist von Amnesty International und fordert die Haftentlassung von Victor Yeimo. Seine Verhaftung kam zu dem Zeitpunkt, als die indonesischen Militäroperationen in Papua intensiviert wurden, als Reaktion auf den Tod des Geheimdienstchefs von Papua Gusti Putu Danny Karya Nugraha, für den die TPNPB (Nationale Befreiungsarmee für Westpapua) die Verantwortung übernahm. Bei der Bekanntgabe des Todes des Beamten auf einer Pressekonferenz in Jakarta kündigte der indonesische Präsident Joko Widodo ein militärisches Durchgreifen in Papua an. Victor Yeimo wurde in Isolationshaft gehalten und hatte nur begrenzten Zugang zu seiner Familie und seinem Anwalt. Victor hat ein medizinisches Leiden, das eine regelmäßige Behandlung erfordert.

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Studentenproteste zum 23. Jahrestag des Massakers von Biak

Die Papuanische Studentenvereinigung in Surabaya, Ost-Java, hat am Dienstag, den 6. Juli 2021, einen Protest zum 23. Jahrestag des Massakers von Biak veranstaltet. Die Studenten forderten den Staat auf, die mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen aufzuklären. Der Protest am Dienstag wurde von der Polizei so streng bewacht, dass die Teilnehmer keine Flugblätter mit ihren Forderungen verteilen konnten.

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Update: Situation der Binnenflüchtlinge in Puncak und Nduga

Der bewaffnete Konflikt im Hochland von Westpapua hat sich besonders seit der Klassifizierung der TPNPB-OPM (die Nationale Befreiungsarmee für Westpapua und die Organisation für die Freiheit Westpapuas) als "Terroristen" weiter verschärft.

Dies wirkt sich auch auf die Situation der Binnenflüchtlinge (Internally Displaced Persons - IDPs) in den Provinzen Nduga und Puncak aus und weist auf ein mangelndes Engagement der lokalen Regierungen in Puncak und Nduga hin, diese Binnenflüchtlinge mit staatlicher Hilfe zu unterstützen und ihre Menschenrechte zu schützen.

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