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Gesetze über neue Provinzen wurden ratifiziert | Humanitäre Pause gefordert | Proteste erneut gewaltsam aufgelöst | Verdacht auf illegalen Waffenkauf | Hohe Haftstrafen auch für Minderjährige | Besuch von Komnas HAM in Genf

West Papua Netzwerk
Liebe Freundinnen und Freunde des Westpapua-Netzwerks,
sehr geehrte Damen und Herren,

im April berichteten wir bereits von den konkreten Plänen der Zentralregierung, die Provinz Papua in drei weitere Provinzen aufzuteilen und so insgesamt fünf Provinzen in Westpapua zu schaffen. Am 30. Juni wurden diese drei Gesetzesentwürfe nun im Parlament ratifiziert. Die Papuas demonstrierten in den letzten Wochen und Monaten mehrfach gegen diese Pläne und kritisierten mangelnde politische Mitsprache und äußerten ihre Sorge vor noch mehr Militär in Westpapua und weiterer Ressourcenausbeutung. Laut der Zentralregierung sollen die neuen Provinzen mehr Wohlstand nach Westpapua bringen. Ein Artikel im "The Diplomat" beurteilte dies wie folgt: " The opposite of poverty isn’t wealth, it’s justice."

Herzliche Grüße aus der Koordinationsstelle,

Barbara Hillebrand und Thea Hummel
 

In dieser E-Info finden Sie:

  • Gesetze über neue Provinzen wurden ratifiziert – „nicht der Wunsch der Papuas“
  • Pläne für neue Provinzen werden fortgesetzt
  • Humanitäre Pause gefordert anstatt weiteres Militär nach Westpapua zu entsenden
  • Komnas HAM führt Gespräch mit UN-Hochkommissarin für Menschenrechte und will Friedensdialog in Westpapua voranbringen
  • Asian Human Rights Commission kritisiert Auswahlprozess für neuen Komnas HAM Kommissar
  • GKI-TP: Aufteilung Westpapuas führt zu Spaltung der Bevölkerung
  • Verdacht auf illegalen Waffenkauf
  • Weitere Proteste erneut gewaltsam aufgelöst
  • Politische Gefangene: Hohe Haftstrafen – auch für Minderjährige
  • Neues Briefing Papier von TAPOL: Illegale Waffenverkäufe, interne Vertreibung und ein „neuer Ansatz“ in Westpapua
  • Weiterer wichtiger Schritt zum Schutz der Wälder Papuas
  • Studierende aus Papua in Neuseeland – Hoffnung auf neue Visa
  • Mehrere Brandanschläge in Dogiyai (Provinz Papua) – Polizei und Militär stationieren mehr Personal im Landkreis
  • Volksrat der Provinz Papua: keine Zustimmung zu Provinzaufteilung – Beteiligung gefordert

Gesetze über neue Provinzen wurden ratifiziert – „nicht der Wunsch der Papuas“

Nachdem am 6. April drei Gesetzesentwürfe zur Schaffung drei neuer Provinzen in Papua im Gesetzgebungausschuss des indonesischen Parlaments in Jakarta angenommen wurden, wurden diese nun einer Plenarsitzung am 30. Juni 2022 ratifiziert.

Der Vorsitzende des Volksrates der Provinz Papua (MRP), Timotius Murib, sagte, dass die Ratifizierung der drei Gesetzesentwürfe über die Aufteilung Papuas der Wunsch der Zentralregierung in Jakarta sei und nicht der Wunsch des papuanischen Volkes.

  

Pläne für neue Provinzen werden fortgesetzt

Die Civil Organizations Solidarity for Papua sagte, dass der Plan, drei neue Provinzen zu bilden, neue soziale Konflikte verursachen könnte. In einer Presseerklärung, die Jubi am Dienstag, den 28. Juni 2022, erhielt, forderte die Gruppe Präsident Joko Widodo auf, den Plan abzusagen.
Die Gruppe, bestehend aus dem Papua Legal Aid Institute (LBH Papua), JERAT Papua, KPKC GKI-TP, YALI Papua, PAHAM Papua, Cenderawasih University’s Human Rights and Environment Democracy Student Unit und AMAN Sorong, erklärte, dass die vom Repräsentantenhaus unternommenen Schritte, drei Gesetzesentwürfe zur Einrichtung von drei neuen Provinzen in Papua zu erstellen, einen Riss zwischen der papuanischen Bevölkerung, die die Schaffung neuer Provinzen akzeptiert und ablehnt, verursacht haben.
  

Humanitäre Pause gefordert anstatt weiteres Militär nach Westpapua zu entsenden

Das Papua Institute for Human Rights Studies and Advocacy (ELSHAM) erklärte in einer Pressemitteilung, Westpapua sei wie ein ständiges Schlachtfeld, das seit seiner Zugehörigkeit zu Indonesien von Konflikten geplagt werde. Bei der Bewältigung des Konflikts in Papua setze die indonesische Regierung stets übermäßige militärische Kräfte ein. ELSHAM dokumentierte, dass im Zeitraum 2019-2021 46.286 Angehörige des indonesischen Militärs (TNI) und der Polizei zur Unterstützung von Militäroperationen nach Westpapua entsandt wurden.    

Komnas HAM führt Gespräch mit UN-Hochkommissarin für Menschenrechte und will Friedensdialog in Westpapua voranbringen

Im März berichtete das Westpapua-Netzwerk über die Pläne von Komnas HAM, den Friedensdialog zwischen Jakarta und Westpapua voranbringen zu wollen. Bereits damals äußerten Stimmen aus Westpapua die mangelnde Distanz von Komnas HAM in dieser Rolle. Komnas HAM ist die nationale Menschenrechtsinstitution Indonesiens und somit eine vom Staat eingesetzte Institution, die jedoch unabhängig von diesem agieren soll.

Im Juni haben Vertreter von Komnas HAM die UN in Genf besucht und dort im Gespräch mit der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, „die Initiative für einen friedlichen Dialog über Papua übermittelt“, so der Komnas HAM Vorsitzende Taufan Damanik.

   

Asian Human Rights Commission kritisiert Auswahlprozess für neuen Komnas HAM Kommissar

Am 27. Mai 2022 hat der Auswahlausschuss für das Amt des Kommissars der Komnas HAM (Nationale Menschenrechtskommission in Indonesien) einen Kandidaten vorgestellt, der einen Hintergrund als Polizeibeamter hat, nämlich Generalinspektor Remigius Sigid Tri Hardjanto. Die AHRC bedauert, dass unter den 50 Namen der Kandidaten für das Kommissionsamt, die die objektive schriftliche Prüfung für den Zeitraum 2022-2027 bestanden haben, ein aktiver Polizeibeamter zu finden sei. So fordert die AHRC, dass das Auswahlverfahren in einem transparenten und rechenschaftspflichtigen Prozess ablaufen sollte und Aspekte möglicher Interessenkonflikte berücksichtigen sollte.   

GKI-TP: Aufteilung Westpapuas führt zu Spaltung der Bevölkerung

Die Leiterin der Abteilung für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung der Synode der Evangelisch-Christlichen Kirche in Papua, Pastorin Dora Balubun, sagte, dass die Aufteilung von Papua die Papuas nur spalten und in Stämme einteilen würde.
„Das ist die eigentliche Quelle der Spaltung des papuanischen Volkes heute. Die Papua-Aufteilung hat die Menschen in Papua dazu gebracht, zu ihren Stämmen zurückzukehren“, sagte Balubun in einer öffentlichen Online-Diskussion „Questioning the New Autonomous Region: Is it to Solve Problems in Papua?“, die von der Kommission für vermisste Personen und Gewaltopfer (KontraS) am Montag, den 13. Juni 2022, veranstaltet wurde.    

Verdacht auf illegalen Waffenkauf

Der Direktor des Papua Legal Aid Institute (LBH Papua), Emanuel Gobay, hat Präsident Joko „Jokowi“ Widodo aufgefordert, den Staatlichen Nachrichtendienst (BIN) unverzüglich auf den Kauf von Waffen zu überprüfen, die im bewaffneten Konflikt in Papua eingesetzt worden sein sollen.
Gobay reagierte mit seiner Forderung auf einen Bericht von Tempo.co, in dem behauptet wurde, dass der BIN Mörser aus Serbien gekauft habe, die dann im bewaffneten Konflikt in Papua eingesetzt worden seien. Diese Behauptung wurde in einem Bericht der in London ansässigen Waffenüberwachungsgruppe Conflict Armament Research (CAR) aufgestellt, in dem es heißt, dass der von BIN gekaufte Mörser bei dem Angriff auf acht Dörfer im Bezirk Kiwirok, Landkreis Bintang Mountains, im Oktober 2021 eingesetzt wurde.
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Weitere Proteste erneut gewaltsam aufgelöst

Am Freitag, den 3. Juni, fanden in verschiedenen Städten Papuas, darunter Yahukimo, Paniai, Nabire und Jayapura, friedliche Demonstrationen gegen den Plan der Zentralregierung statt, die Provinzen Papua und Papua Barat in neue Provinzen aufzuteilen. Menschenrechtsaktivist*innen und indigene Papuas haben ihre Besorgnis darüber geäußert, dass die neue Provinz ein Vorwand für die Zentralregierung sein werde, mehr Truppen nach Papua zu schicken, da jede Provinz in Indonesien ihren eigenen regionalen Militär- und Polizeikommandobereiche haben muss. Insgesamt gingen am 3. Juni 2022 über 23.000 Personen in Westpapua auf die Straße und übten ihr Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit aus.

 
  

Politische Gefangene: Hohe Haftstrafen – auch für Minderjährige

Im April 2022 forderten die Menschenrechtsgruppen TAPOL, LBH Kaki Abu und LBH Makassar die Freilassung von sechs politischen Gefangenen aus Sorong, Papua Barat, die gefoltert und unfairen Prozessen ausgesetzt waren. Drei der sechs Inhaftierten sind noch minderjährig.
Am 31. Mai wurden die sechs Angeklagten nun wegen des Angriffs auf den Militärposten Kisor im Bezirk Maybrat zu Haftstrafen zwischen 18 und 20 Jahren verurteilt.
  

Neues Briefing Papier von TAPOL: Illegale Waffenverkäufe, interne Vertreibung und ein „neuer Ansatz“ in Westpapua

TAPOL hat ein neues Briefing Papier mit dem Titel „Illegal arms sales, internal displacement and a ‘new approach’ in West Papua“ veröffentlicht. Dieses Briefing Papier befasst sich mit Berichten über illegale Waffenverkäufe durch die Sicherheitskräfte, die anhaltende Binnenvertreibung und das angebliche neue Vorgehen des Militärs. Dabei wird insbesondere auf die Gründe für diese Entwicklungen und das Fehlen kohärenter Maßnahmen seitens der Regierung eingegangen.
 
  

Weiterer wichtiger Schritt zum Schutz der Wälder Papuas

Greenpeace Indonesien begrüßt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Jayapura, das die Klagen zweier Palmölunternehmen, PT Anugerah Sakti Internusa und PT Persada Utama Agromulia, gegen den Landrat von Süd-Sorong, Samsudi Anggiluli, wegen des Widerrufs ihrer Betriebsgenehmigungen abgewiesen hat.

Greenpeace ist der Ansicht, dass die Entscheidung des Gerichts den Schutz und die Anerkennung der in dem Gebiet lebenden indigenen Papuas begünstige. „Dies ist eine gute Nachricht für die indigenen Völker des Konda-Distrikts und von Süd-Sorong. Es ist der erste und richtige Schritt, um Papuas Wälder und die Rechte der indigenen Völker zu schützen“, sagte Nico Wamafma, Waldaktivist von Greenpeace Indonesien, in einer schriftlichen Erklärung, die Jubi am Donnerstag, den 26. Mai 2022, erhielt.

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Studierende aus Papua in Neuseeland – Hoffnung auf neue Visa

Anfang Februar berichtete das WPN über die Kürzung von Stipendien für Studierende aus Westpapua, die im Ausland studieren. Die Internationale Allianz der Papua-Studenten veröffentlichte gegen die geplante Mittelkürzung Ende Januar einen offenen Brief mit der Überschrift „Stört und behindert [uns] nicht – lasst uns in Ruhe studieren“.

Auch in Neuseeland sind mehrere Studierende von der Situation betroffen, die versuchen, in Neuseeland zu bleiben, nachdem ihre Stipendien gestrichen wurden, und nun darauf hoffen, einen Arbeitgeber zu finden, der neue Arbeitsvisa sponsert. Etwa 40 Studierende aus Papua studieren an verschiedenen Hochschulen in Neuseeland.

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Mehrere Brandanschläge in Dogiyai (Provinz Papua) – Polizei und Militär stationieren mehr Personal im Landkreis

Kirchenaktivist*innen in Indonesien fordern eine transparente Untersuchung einer Reihe von Brandanschlägen auf Häuser und andere Gebäude in der Provinz Papua, so UCA News.
Die Angriffe begannen, als die Bewohner des überwiegend katholischen Landkreises Dogiyai Pläne zum Bau einer neuen Polizeistation ablehnten, was sie zu dem Verdacht veranlasste, die Angriffe könnten von Sicherheitskräften verübt worden sein.
Pater Bernard Baru, Vorsitzender des Augustinerordens der Kommission für Gerechtigkeit und Frieden in Papua, sagte, die Polizei müsse den Drahtzieher und das Motiv für die Angriffe, bei denen mehrere Gebäude zerstört wurden, aufdecken. „Die Polizei muss schnell handeln, um diesen Fall aufzuklären. Es ist dringend notwendig, den Verdacht zwischen den verschiedenen Parteien auszuräumen“, sagte er am 25. Mai gegenüber UCA News. „Die Ermittlungen müssen auf transparente Weise durchgeführt und die Ergebnisse veröffentlicht werden“.
 

Volksrat der Provinz Papua: keine Zustimmung zu Provinzaufteilung – Beteiligung gefordert

Ende Mai berichtete unter anderem CNN Indonesia über einen Besuch von papuanischen Politikern in Jakarta, die sich bei Jokowi für die drei geplanten neuen Provinzen in Westpapua ausgesprochen haben sollen und sie als lang gehegten Wunsch der Papuas bezeichnet haben, für den die Papuas lange gekämpft hätten und der den Wohlstand nach Papua bringen werde. Vertreter des MRP (Volksrat der Provinz Papua) kritisierten diesen Besuch und die Aussagen und machten deutlich, dass die Besucher aus Papua nicht den MRP repräsentierten.

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 Westpapua Journal



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