Aktuelle Meldungen zu West Papua über Menschenrechte, Politik, Umwelt und Gesellschaft.

Nahrungsmittelknappheit fordert Todesopfer | Victor Yeimo aus Haft entlassen  | Indonesien im UN-Menschenrechtsrat  | Lukas Enembe verurteilt | Kirche wird zur Zielscheibe  | ULMWP kein Mitglied in MSG

West Papua Netzwerk
Liebe Freundinnen und Freunde des Westpapua-Netzwerks,
sehr geehrte Damen und Herren,

neben dem anhaltenden bewaffneten Konflikt in Westpapua - der weiterhin zu Opfern auf beiden Seiten führt - haben in den letzten Monaten auch extreme Wetterbedingungen in einigen Regionen Westpapuas das Leben der Menschen erschwert und zu Nahrungsmittelknappheit geführt. Die Kirchen bemühen sich darum, das Leid der Menschen zu mildern und sind weiterhin für viele Papuas der wichtigste Akteur. Ein Angriff im September auf ein Büro der Kingmi-Kirche durch die Polizei ruft nun jedoch die Sorge hervor, dass der Einfluss der Kirche in Westpapua weiter schwindet. Weitere Nachrichten in diesem Newsletter und auf unserer Homepage thematisieren unter anderem die Haftentlassung von Victor Yeimo, die Verurteilung von Lukas Enembe, Indonesien als neues Mitglied im UN-Menschenrechtsrat und die Rolle Westpapuas im Pazifik. 

Herzliche Grüße,
Ihr Team der Koordinationsstelle

 

In dieser E-Info finden Sie:

  • Provinz Hochland-Papua: Nahrungsmittelknappheit fordert Todesopfer
  • Indonesien als neues Mitglied in den UN-Menschenrechtsrat gewählt
  • Bericht Filmvorführung Tonotwiyat: Frauenwald besucht Köln
  • TPNPB tötet sieben Minenarbeiter
  • Ehemaliger Gouverneur der Provinz Papua, Lukas Enembe, zu acht Jahren Haft verurteilt
  • Kirchenrat von Westpapua: „Kirche wird zur Zielscheibe“
  • Schutz des Frauenwaldes: Women’s Forest People’s Party feiert die Natur, die Kultur und den Umweltschutz in Papuas Mangrovenparadies
  • Victor Yeimo aus Haft entlassen
  • Erneut minderjährige Todesopfer im Konflikt in Westpapua
  • Indonesische Kampagne gegen „Papua-Fehlinformationen“ im Südpazifik
  • Wirtschaftliche Diskriminierung von Papua-Frauen
  • „Journalist*innen in der Provinz Papua befinden sich in einer gefährlichen Lage“
  • 641.400 Hektar Waldverlust in zwanzig Jahren
  • ULMWP wird kein Vollmitglied in der Melanesian Spearhead Group (MSG)


Provinz Hochland-Papua: Nahrungsmittelknappheit fordert Todesopfer

Seit dem Sommer leiden einige Regionen in Westpapua unter extremen Wetterbedingungen wie Dürren, Hagelstürmen, anhaltendem Regen und starkem Frost. Dies hat zu großen Ernteausfällen geführt. Im Oktober wurde in der Region Yahukimo, Provinz Hochland-Papua der Notstand ausgerufen, nachdem dort seit August über 20 Personen verhungerten. Zu Tode kamen ein drei Monate altes Baby, mehrere Kleinkinder (3-5 Jahre), Kinder im Schulalter (9-14 Jahre) sowie Erwachsene zwischen 20 und 40 Jahren. Nationale und lokale Regierungsvertreter bestätigten die Nahrungsmittelknappheit in der Region, führten die Tode jedoch auf andere Gründe zurück.
   

Indonesien als neues Mitglied in den UN-Menschenrechtsrat gewählt

Am 10. Oktober 2023 wurde Indonesien als eines von 15 neuen Mitgliedern in den UN-Menschenrechtsrat für die Periode 2024-2026 gewählt.

In geheimer Wahl wählte die UN-Generalversammlung Albanien, Brasilien, Bulgarien, Burundi, China, Côte d’Ivoire, Kuba, die Dominikanische Republik, Frankreich, Ghana, Indonesien, Japan, Kuwait, Malawi und die Niederlande.  Die Amtszeit aller 15 Mitglieder beträgt drei Jahre und beginnt am 1. Januar 2024.

Bericht Filmvorführung Tonotwiyat: Frauenwald besucht Köln

In der Reihe #TalkAboutPapua wurde der Film „Tonotwiyat“ in Köln gezeigt. Anschließend wurde über die Situation in Westpapua informiert. Dem Film vorangestellt war ein Grußwort der Regisseurin, die vor knapp einem Monat nochmal an den Drehort gefahren war.

 

TPNPB tötet sieben Minenarbeiter

Die Angriffe – auch von Seiten der TPNPB – auf die Zivilbevölkerung in Westpapua gehen weiter.

Die Nationale Befreiungsarmee Westpapuas (TPNPB) hat sich zu dem Angriff auf eine Mine im Distrikt Seradala, Landkreis Yahukimo, am Montag, den 16. Oktober 2023, bekannt. Unter anderem Jubi berichtete, dass einen Tag nach dem Angriff der Sprecher der TPNPB, Sebby Sambom, erklärte, dass die Goldmine in Seradala ohne gesetzliche Genehmigung betrieben werde und dass indonesische Spione als Minenarbeiter dort tätig seien.

Sambom betonte, dass die TPNPB die Zivilbevölkerung wiederholt gewarnt habe, aus den Konfliktgebieten zu fliehen. „Die TPNPB werde nicht verhandeln und notfalls auch Gewalt anwenden.“ Er ermahnte alle Zivilisten, die in der Konfliktregion handwerkliche Arbeiten, Projektarbeiten oder illegalen Bergbau betreiben, die Region unverzüglich zu verlassen.

 

Ehemaliger Gouverneur der Provinz Papua, Lukas Enembe, zu acht Jahren Haft verurteilt

Der ehemalige Gouverneur der Provinz Papua, Lukas Enembe, wurde am 19. Oktober 2023 von einem Richtergremium des Korruptionsstrafgerichts am Bezirksgericht in Zentraljakarta in einem Fall von Bestechung und Bestechlichkeit zu acht Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von 500 Mio. IDR verurteilt bzw. ersatzweise zu zusätzlich vier Monaten Haft.

„Der Angeklagte Lukas Enembe wurde zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und einer Geldstrafe von 500 Millionen Rp. verurteilt, mit der Maßgabe, dass die Geldstrafe durch eine Freiheitsstrafe von vier Monaten ersetzt wird, wenn sie nicht bezahlt wird“, sagte der Vorsitzende Richter Rianto Adam Pontoh bei der Verlesung des Urteils. Lukas Enembe wurde außerdem verurteilt, innerhalb eines Monats nach Inkrafttreten des Urteils eine Entschädigung in Höhe von 19.690.793.900 IDR zu zahlen.

Kirchenrat von Westpapua: „Kirche wird zur Zielscheibe“

Nach einem Angriff auf das Büro der Kingmi-Kirche in Keneyam, Landkreis Nduga, am 16. September 2023, äußerte sich der Kirchenrat von Westpapua besorgt über Äußerungen der Regierung, die die Kirche als Unterstützer der Nationalen Befreiungsarmee von Westpapua (TPNPB) bezeichnet. Benny Giay, der Vorsitzende des Kirchenrates von Westpapua, kritisierte, dass die Kirche nun zur Zielscheibe geworden sei. Zudem sei zu befürchten, dass nach der Kingmi-Kirche eine andere Kirchengemeinschaft in Westpapua die nächste sein könnte.
   

Schutz des Frauenwaldes: Women’s Forest People’s Party feiert die Natur, die Kultur und den Umweltschutz in Papuas Mangrovenparadies

Am 23. September veranstalteten mehrere Organisationen mit Unterstützung lokaler Gemeinschaften die sogenannte Women’s Forest People’s Party im Dorf Enggros, Distrikt Abepura, Stadt Jayapura. Kunst, Kultur und Umweltschutz wurden an diesem Tag miteinander verbunden und aufgezeigt, wie der Erhalt des kulturellen Erbes und der Umweltschutz zusammenhängen. So wurden die Teilnehmer*innen unter anderem zum Frauenwald in Enggros geführt. In diesem Mangrovenwald suchen Frauen seit Jahrzehnten nach z.B. Muscheln, Krabben, Garnelen oder Fischen und teilen zudem in diesem geschützten Raum ihre Geschichten und Sorgen miteinander. Diese Geschichten blieben dann im Wald und werden nicht mit nach Hause „genommen“.

Victor Yeimo aus Haft entlassen

Victor Yeimo, der internationale Sprecher der KNPB (Nationales Komitee Westpapuas), wurde am Samstag, den 23. September, aus dem Abepura-Gefängnis in Jayapura City entlassen. Er wurde von Familienmitgliedern, Aktivisten, seinem Anwaltsteam und Tausenden von Papuas begrüßt. Knapp zwei Jahre nach seiner Verhaftung wurde Victor Yeimo wegen seiner Beteiligung an den Anti-Rassismus-Protesten in Westpapua im August 2019 am 5. Mai 2023 zu acht Monaten Haft verurteilt. Das Urteil gegen Yeimo rief internationale und nationale Kritik hervor, da die Richter ihn wegen eines in der Anklage nicht erhobenen Straftatbestandes gem. Art. 155 Strafgesetzbuch verurteilten, der bereits im Juli 2007 vom Verfassungsgericht für nichtig erklärt wurde. Am 23. September wurde Yeimo nun aus dem Abepura-Gefängnis entlassen.

 
 

Erneut minderjährige Todesopfer im Konflikt in Westpapua

Erneut sind in dem bewaffneten Konflikt in Westpapua minderjährige Papuas zu Tode gekommen.

Am Freitag (15.9.2023) wurden fünf Zivilisten tot an der Mündung des Brasa-Flusses in Dekai, Landkreis Yahukimo, Provinz Hochland-Papua, gefunden. Hierbei handelt es sich laut eines Pastors der Kingmi Kirche um fünf junge Papuas im Alter von 15-18 Jahren. Während die Regionalpolizei in Papua die Meldung herausgab, dass die Leichen der fünf jungen Papuas nach einem Feuergefecht zwischen den Sicherheitskräften der TNI/Polri und der TPNPB gefunden worden seien, weisen andere Akteure die Aussage zurück, dass es sich bei den fünf Jugendlichen um TPNPB-Mitglieder gehandelt haben soll.

Indonesische Kampagne gegen „Papua-Fehlinformationen“ im Südpazifik

Das neuseeländische Nachrichtenportal „Radio New Zealand“ (RNZ) berichtet von den Plänen der indonesischen Regierung, umgerechnet 4 Millionen US Dollar aufzubringen, um gegen die, wie der indonesische Minister für Sicherheit, Wiranto, es beschreibt, „Papua-Fehlinformationen“ vorzugehen. Der geografische Schwerpunkt dieser neuen Strategie liegt auf dem Südpazifik. Die neue „Soft-Diplomatie“ Indonesiens soll die „Fehlinformation“ im Südpazifik beheben, dass Indonesien die Entwicklung in Westpapua vernachlässigt habe.

 
 

Wirtschaftliche Diskriminierung von Papua-Frauen

Ungleichbehandlungen der indigenen Papuas finden nicht nur bei Demonstrationen, vor Gericht oder in Gefängnissen statt. Ungleichbehandlungen sind auch in alltäglichen Dingen, wie dem Verkauf von Waren auf lokalen Märkten, zu sehen.

In Westpapua sind es vorrangig Frauen, die Lebensmittel auf den Märkten zum Verkauf anbieten. Mit der fortschreitenden Migration von Nicht-Papuas nach Westpapua sind jedoch auch auf diesen Märkten die Folgen der Ungleichbehandlung von indigenen Papuas zu sehen. Während die Transmigranten-Frauen oft die besten Plätze auf den Märkten besetzen und Tische nutzen, um ihre Waren zum Verkauf anzubieten, sitzen die Papua-Frauen auf dem Boden – oft am Rand des Marktes.

 
 

„Journalist*innen in der Provinz Papua befinden sich in einer gefährlichen Lage“

Die Pressefreiheit in der Provinz Papua ist laut einer aktuellen Umfrage die schlechteste in ganz Indonesien. Die Provinz Papua erreichte mit 64,01 Prozent den niedrigsten Wert auf dem Pressefreiheitsindex des Landes, ein deutlicher Rückgang gegenüber 75,57 Prozent im letzten Jahr, so der Indonesische Presserat bei der Veröffentlichung der Umfrage am 31. August.

Journalist*innen in Westpapua, die über den bewaffneten Konflikt in Westpapua, Menschenrechtsverletzungen und andere kritische Themen berichten, werden immer wieder Opfer von Angriffen.

641.400 Hektar Waldverlust in zwanzig Jahren

Nico Wamafma, Forest Campaigner von Greenpeace Indonesien, gab in einem Gespräch mit Jubi an, dass Westpapua von 2000-2020 insgesamt 641.400 Hektar Naturwald verloren habe. Die Untersuchungen von Greenpeace zeigen, dass diese Abholzung auf die immer massivere Vergabe von Lizenzen für Rohstoffindustrien zurückzuführen sei. Neben den Auswirkungen auf die Natur bedeutet der Verlust des Regenwaldes auch ein Verlust der Rechte der indigenen Papuas. Sie verlieren ihr Land, ohne von den damit erwirtschafteten Vorteilen zu profitieren, und erleiden stattdessen den Verlust von Geschichte, traditionellen Nahrungsgrundlagen und wirtschaftlicher Unabhängigkeit.
   
 

ULMWP wird kein Vollmitglied in der Melanesian Spearhead Group (MSG)

Die Vereinigte Befreiungsbewegung für Westpapua (ULMWP) hatte seit Längerem darauf gedrängt, Vollmitglied der Melanesian Spearhead Group (MSG) zu werden, zu der die Salomonen, Fidschi, Vanuatu, Papua-Neuguinea sowie die FLNKS aus Neukaledonien gehören. Eine Vollmitgliedschaft der ULMWP in der MSG hätte der Organisation einen sichtbaren diplomatischen Sieg in ihrem Streben nach internationaler Anerkennung eingebracht und war auch der Wunsch vieler Papuas.
 
Westpapua Journal



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